Genau vor einer Woche war es endlich soweit. Der von meiner Tochter langersehnte erste Schultag. Während sie sich riesig freute endlich ein grosses Schulmädchen zu sein, hielten sich meine Mutterfreuden in Grenzen. Keine Schultüte, kein Kindergottesdienst bzw. Segen für die Erstklässler. Oje … wie sollte dieser Tag wohl werden? Als Mutter wünsche ich mir natürlich, dass der erste Schultag in positiver Erinnerung bleibt. Um zu verstehen wieso, weshalb und warum der erste Schultag in der Schweiz sich vom „typischen“ ersten Schultag in Deutschland so sehr unterscheidet muss ich einmal ausholen.
Ein Blick in das Bildungssystem Schweiz
Die Schulpflicht in der Schweiz dauert 11 Jahre inklusive 2 Kindergartenjahre. Kinder kommen in der Schweiz mit 4 Jahren in den Kindergarten. Stichtag ist der 31. Juli, wobei es kantonale Unterschiede geben kann. Wenn Eltern ihr Kind noch nicht als kindergartenreif einstufen, dann ist es erlaubt, dass Kind noch ein Jahr länger zu Hause zu behalten. Quasi „zurück zu stufen“. Das Kind wird und muss! dementsprechend mit 5 Jahren in den Kindergarten gehen. Nach den absolvierten 2 Jahren werden die Kinder in der örtlichen Schule eingeschult.
Aus der Praxis:
In unserem Dorf mit knapp über 3000 Einwohnern gibt es 3 Kindergärten. In einem Kindergarten werden circa 20 Kinder in zwei Gruppen betreut. Pro Jahrgang (Klasse) und pro Kindergarten sind es also jeweils 10 Kinder. Aufgrund dieser überschaubaren Grösse und dadurch, dass irgendwie alles miteinander verbunden ist (Kindergarten mit Schule, Kindergarten mit Kindergarten etc.) ist es auch eigentlich selbstverständlich, das sich die Kinder, die dann in der Schule noch mal neu gemischt werden untereinander bereits kennen. Zumindest zum grössten Teil.
In der Schule verhält es sich mit der Klassenaufteilung wie im Kindergarten. Die Kleinen (1.Klasse) werden mit den Grossen (2.Klasse) gemischt. Somit sehen sich bekannte Gesichter aus dem Kindergarten wieder 🙂 . Zusätzlich gibt es noch so etwas wie die Einführungsklasse. Obwohl Klasse hier das falsche Wort ist. Die Lehrperson aus dem Kindergarten beurteilt zusammen mit der Heilpädagogin, die einmal wöchentlich in den Kindergarten kommt um mit den Kindern verschiedene Übungen zu machen, den Leistungsstand eines Kindes. Falls dieser unterhalb einer gewissen Erwartungshaltung liegt, kommt dieses Kind in die Einführungsklasse. Und nein, es ist nicht eine seperate Klasse. Diese Kinder (bei 30 Erstklässlern dürfte die Anzahl schwindend klein sein) gehen ganz normal mit den anderen Kindern in eine Klasse. Und ausser der Lehrpeson weiss auch niemand anderes Bescheid. Die Kinder bekommen einfach ihrem Leistungsstand entsprechende Aufgaben.
Kompliziert, gell? Fazit einer Mutter!
So kompliziert sich das im theoretischen anhört und so kompliziert wie es hier: Grafik Bildungssystem Schweiz aussieht, ist es auch 🙂 . Aber in der Praxis wiederum machbar und total angenehm. Klar, läuft alles anders als in Deutschland (geregelte Kindergartenzeiten, die eingehalten werden müssen, Kinder laufen allein zum Kindergarten etc.), aber der Mensch ist ja bekanntlich ein Gewohnheitstier. Ich finde es mittlerweile total angenehm, dass es hier so kleine Klassen gibt. So hat jede/r Schüler/in die Möglichkeit seinem Leistungsstand entsprechend gefördert zu werden. Leise Schüler haben die Chance auch mal in den Vordergrund zu treten und auf die lauten Schüler kann bei Bedarf besser reagiert werden. Herrlich, oder? Ausserdem freuen sich die Kinder riesig, weil sie einen Teil der anderen Kinder schon kennen. Meine Wünsche für die Einschulung meiner Tochter (Schültüte wäre schon schön gewesen) muss ich nach ganz hinten stellen. Die Kinder hier kennen es ja nicht anders. Für die ist alles super und Schule ist total cool.
Im nächsten Teil erzähle ich euch dann wirklich etwas über den ersten Schultag in der Schweiz 😉